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Reise nach Argentinien Patagonien im Dez/Jan 1996


IV

Glacier Perito Moreno ~ Onelli



Jeder der auf dem Schiff ist, will sich natürlich vor dieser Eiswand auf einem Bild verewigen. Wir bitten Ingrid es für uns zu machen und ich glaube, sie hat ein gutes Erinnerungsphoto gemacht. Jetzt sind wir zum Photoschießen dran. Es sind eine Menge Leute auf dem Schiff. Auch erstaunlich viele, die nur zu Zweit oder sogar alleine unterwegs sind. Ein Radfahrer ist ebenfalls dabei. Er ist Deutscher in vorgerücktem Alter, der Zeit seines Lebens mal die gesamte Pan Americana von Alaska bis Feuerland abradeln wollte. Und sich jetzt diesen Traum erfüllt. Von Alaska bis nach Patagonien hat er es bereits geschafft. Auf Feuerland werden wir ihn nochmals treffen, was allerdings dafür spricht, dass er nicht ausschließlich radelt.

In voller Größe und Schönheit zeigt sich uns der Glacier Perito Moreno bei diesem Sonnenschein. Es ist ein völlig anderer Eindruck des Gletschers, den man von hier unten mitnimmt. Beide Perspektiven muß man also gesehen haben. Es gibt noch eine dritte Perspektive, wenn man eine Eiswanderung auf dem Gletscher macht, die ebenfalls angeboten wird. Wir haben diese Tour aber nicht gebucht, da wir noch andere Gletscher im Parque Nacional de los Glaciares besuchen wollen. Der Glaciar Perito Moreno ist übrigens der einzige Gletscher der Welt, der heute noch wächst.

Mit Fug und Recht kann man behaupten, dass der Perito Moreno Gletscher im Parque Nacional los Glaciares von Argentinien ein Weltwunder der Natur darstellt.
Heute haben wir den 03. Januar 1996 und das Wetter sieht nicht so toll wie gestern aus. Eine Katamaranfahrt über den Lago Argentino, und damit durch den Parque Nacional los Glaciares, steht auf dem Programm.

Von Calafate ist es nicht weit zur Anlegestelle in Puerto Bandera. Viele Touristen haben sich hier versammelt. Vielleicht auch Leute von Kreuzfahrtschiffen, die in Rio Gallegos anlanden und einen kurzen Trip in den Parque Nacional los Glaciares machen. Aus der Bucht fahren wir raus auf den See, der erst jetzt seine wahre Größe zeigt. Kälte und steifer Wind treiben fast alle Passagiere ins Schiff. Ich bleibe so lange wie möglich aber draußen. Irgendwann tauchen die ersten Eisschollen auf dem Wasser auf und auch das Wetter bessert sich etwas. Wir nähern uns offenbar den Gletschern. Gewaltige Eisbrocken schwimmen da herum und es ist faszinierend, an Abbruchflächen das durchscheinende Grün und Blau des Eises aus kurzer Distanz zu bewundern. Auch die diversen Formen regen die Phantasie kräftig an.

Zur besseren Beobachtung umrundet unser Katamaran einige besonders interessant geformte Eisberge in langsamer Fahrt. Alsbald taucht nun der riesige Glaciar Upsala vor uns auf. Eine 10 km breite Front aus Eis ergießt sich in den Lago Argentino. Auch dieser Gletscher ragt mit der stolzen Höhe von 60 bis 70 m aus dem Wasser heraus. Wie ein breiter, alles fressender Strom kommt er über den Berghang herab. Wunderbar ist auch die Fließmaserung durch das mitgeschleppte Gestein erkennbar. Schon gewaltig dieser Upsala Gletscher; dennoch, der Glaciar Perito Moreno hat uns besser gefallen. Die beeindruckende Front des Upsalagletscher fährt unser Katamaran fast vollständig ab, bevor er sich in Richtung Glaciar Onelli aufmacht.

Das Wetter wird leider immer schlechter. Ab und zu nieselt es jetzt sogar. Eisberge, die ihren Namen wirklich zu Recht tragen, treiben den Lago Argentino hinunter. In einer Bucht legen wir an und alle gehen an Land. Eine kleine Wanderung steht an. Zunächst durch Wald, der jedoch wie ein Märchenwald anmutet. Viele alte, abgestorbene Bäume strecken ihre kahlen Äste, die durch Nebelfetzen noch verschleiert werden, in die Höhe. Sumpfig das ganze Gebiet. Und düster ist es geworden; grauschwarze Wolken ziehen niedrig über uns weg. Eine eigenartige Stimmung breitet sich aus. Einzige Farbtupfer sind die jetzt besonders knallig wirkenden und wandernden blauen, gelben oder roten Regenjacken. Eine Fortsetzung des Märchens ' Glaciar Onelli 'gibt es gleich beim Verlassen des Waldes. Man glaubt seinen Augen nicht trauen zu können: So unglaublich schön, zart, filigran und zerbrechlich kann eine Landschaft doch nicht sein. Aber das Märchen vom Onelli Gletscher ist wahr.

Staunend und fassungslos vor dieser Schönheit bleiben viele minutenlang einfach stehen und schauen. Man glaubt es nicht, was man sieht. Hunderte kleiner und kleinster Eisberge, bizarr geformt, schwimmen im glasklaren, absolut ruhigen Wasser und spiegeln dort ihr Weiß und ihren Körper wider. Fische, Schwäne, Märchengestalten, alles ist zu sehen. Auch die schwarzen Berge spiegeln sich. Trotz der Düsternis unter den schwarzen Wolken, erscheint das, was man sieht, leicht, hell und beschwingt. Ein Kontrast, eine Stimmung, die nicht schöner sein kann. (Die Bilder geben leider viel zu wenig von diesem Märchen Glaciar Onelli wieder.) Wir wandern ein Stück am Ufer des Lago Onelli entlang. Sehr weit kommen wir aber nicht; der Boden ist aufgeweicht und zu matschig. Und natürlich, die Zeit drängt wieder mal. Nur sehr, sehr ungern kehren wir dieser Märchenlandschaft Onelli Gletscher den Rücken und wandern durch den gespenstigen Wald zum Lago Argentino zurück. Vom Schiff aus ist nichts zu sehen, was an das Märchen vom Glaciar Onelli erinnern könnte.

Die Rückfahrt vom Onelli Gletscher über den Lago Argentino nach Calafate ist kalt und stürmisch. Fast alle bleiben im Schiff und stecken nur ab und zu mal die Nase vor die Tür. Von Puerto Bandera aus macht Daniel mit seinem Bus noch einen kurzen Trip zu einem Ausläufer des Lago Argentino - von denen es so einige gibt -, um uns Flamingos zu zeigen. Leider sind heute nur sehr wenige da und die sind weit entfernt. Dafür entdeckt Ingelore ein Stinktier, das aber blitzschnell verschwindet.

Heute ist wieder mal ein ganzer Fahrtag. Eigentlich ein Witz. Wir wollen zum Parque Nacional Torres del Paine in Chile, der Luftlinie gerade mal ca. 50 km entfernt ist. Er schließt sich unmittelbar an den Nationalpark Los Glaciares an. Die Berge der Anden und die Straßenführung machen den weiten Umweg nötig. Erst in Argentinien auf der Routa Nacional 11/40 weit nach Süden und in Chile wieder in den Norden zurück. Aber wir haben ja Zeit. Die Landschaft ist mal tischeben wie auf dem Bild, mal hügelig, aber stets ohne besondere Höhepunkte. In der Ferne verliert sich meist die Kette der Cordillera de los Andes. Wir beobachten manchmal einen Condor, der am Himmel seine Kreise zieht und jede Menge Gänse, Enten und Schwarzhals-Schwäne. Auch Nandus tauchen immer wieder auf, die aber schnell vor uns flüchten.

Irgendwo im Nichts des Andenvorlandes sind die einsamen Grenz- Stationen der beiden Länder Chile und Argentina. Die Zöllner sind nicht zu beneiden. Auf der chilenischen Seite werden unsere Tagesrucksäcke gründlich nach Obst und Gemüse durchsucht. Die Einfuhr ist verboten. Susanne hat auch ihren Pass wieder, so dass keinerlei Probleme auftauchen. In Chile gilt der chilenische Peso, den wir an der Grenze gleich eintauschen. Es ist für mich immer ein besonderes Gefühl, in ein neues, noch unbekanntes Land einzureisen. In Chile bin ich erstmalig. Aber auch hier ist Patagonia. Unser Ziel heute ist die Estanzia Lazo am Lago Sarmiente. Eine mittelgroße Hazienda (28 km lang / 15 km breit). In einzelnen Bungalows am Hang bekommen wir Zwei-Bett-Zimmer, die sogar geheizt sind. Es ist kalt und gießt in Strömen. Nur kurz wandern Gabi und ich durch Matsch an den See runter, um dann lieber am offenen Kamin im Haupthaus Bildbände der Gegend durch zu blättern.

Das Heulen und Pfeiffen des Windes ist das ständige Lied im südlichsten Zipfel von Südamerika. Und dabei ist es gleichgültig, ob es kräftig regnet, Wolken am Himmel sind oder die Sonne vom wolkenlosen Himmel lacht. Es war auch für mich das erste Mal, Sturm zu erleben bei herrlichstem Sonnenschein. Und man kann sich manchmal wirklich kaum auf den Beinen halten. Wie auf dem Bild zu sehen, ist es sogar möglich, sich weit nach vorne in den Wind zu legen. Wie weit zeigt sich jedoch erst, wenn man sich das Bildmotiv waagerecht vorstellt. Ich konnte es nur in dieser Schräge aufnehmen, denn auch ich stand so schief. Sicherheitshalber habe ich zudem vier Bilder verbraten; nur dieses ist fast unverwackelt.

Der Menschenschlag in Chile ist anders als in Argentinien. Während die europäischen Einwanderer in Argentinien die Urbevölkerung vertrieben bzw. ausrotteten, sieht man in Chile noch viele Indios, wenn auch nicht mehr reinrassige Indianer. In Argentinien fühlt man sich unter Europäern, in Chile dagegen ist es ursprünglicher und damit natürlicher. Dies können wir jedenfalls für den südlichsten Teil von Chile sagen. Da sich Chile jedoch über mehrere Tausend km als schmaler Streifen entlang des süamerikanischen Kontinents erstreckt, mag es in anderen, weiter nördlichen Regionen aber völlig anders aussehen.

Das Wetter ist wieder stürmisch am nächsten Tag. Aber zunächst bleibt es trocken, jedenfalls von oben. Die weiteren zwei Nächte werden wir nahe dem Lake Grey verbringen. Um dort hin zu kommen, müssen wir den Lago Sarmiente halb umrunden und kommen durch Hügelland. Kleine Seen gibt's in den Senken. Das Massiv des Paine läßt sich nur hin und wieder sehen, wenn die Wolken aufreißen. Dafür zeigen sich reichlich Guanacos in diesem Gebiet. Zum Teil sind es Einzeltiere, aber auch ganze Herden sind unterwegs. Erstaunlich, wie nahe man an sie herankommt. Manche Guanacos kann man fast berühren, bevor sie ausweichen. Das Guanaco ist aber nur eine der Lamaarten. In den Anden gibt es weitere Lamas, wie z.B. das Lama mit dem Namen Alpaca.

So nahe bin ich an das Guanaco herangekommen. Das Bild ist nicht mit Tele gemacht. Im National Park oder Parque Nacional Torres del Paine fühlen sich die Guanacos ganz offenbar sicher, denn außerhalb haben wir nie eine solche Nähe zu einem Lama geschafft. Schön für unsere Gruppe, dass gerade hier, wo sich so viele Guanacos aufhalten, eine Reifenpanne zu einem längeren Stop zwingt. Während Daniel sich mit dem Reifen abplagt, gehen wir derweil auf Jagt nach Guanacos und füllen einen Film nach dem anderen. Weiter geht die Fahrt am Lago Pehoe vorbei - hier gibt es eine Nobelherberge, aber leider nicht für uns -, entlang des Lago Nordenskjöld und auch kleineren Seen.

Auch Nandus treffen wir im National Park Torres del Paine, Chile an. Das Nandu auf dem Bild ist allerdings zahm und nur deshalb können wir den Riesenvogel mal aus der Nähe fotografiern. In freier Wildbahn ist dies meist nicht möglich. Unsere Hosteria zu erreichen stellt sich als problematisch heraus, da irgendein freundlicher Nachbar die Holzbrücke abgefackelt hat, um die Gäste in seine Hosteria zu locken. Ein Schlauchboot als Fähre muß hier helfen. Es gießt in Strömen, wir zittern und frieren, aber mit vereinten Kräften wird das Gepäck und wir selbst über den vom Regen total matschigen und glitschigen Pfad zum Boot gebracht. Am sicheren Ufer wartet schon der Hotelbus auf die neuen Gäste. Ein Fahrzeug wie aus dem Mittelalter. Die Hosteria ist dagegen recht nobel und das Essen reichlich.

Fortsetzung: Torres del Paine NP


 



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